Theodor Kaufmann

(18. 11. 189223. 6. 1972)
Klavierlehrer (Virtuose), Komponist.

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Theodor Kaufmann, geb. am 18. November 1892 in Ludweiler im Saarland, ging in jungen Jahren nach Hamburg. Er wurde zunächst als Geiger ausgebildet, dann als Pianist, studierte bei Hans Herrmanns. Um 1920 lernte er durch eine Schülerin den großen Pianisten Busoni kennen, als dieser das erstemal wieder in Hamburg weilte; der Kontakt zu dem verschlossenen Busoni wäre für andere schwerer wesen. Dieser lud Kaufmann zum Studium zu sich nach Berlin ein, und Kaufmann besuchte ihn an Wochenenden bis 1924. Busoni machte Kaufmann mit Karl Muck bekannt, dieser wiederum mit Richard Strauß. Er bildete viele Hamburger Pianisten aus.

Liszt, den er sehr verehrte, und Busoni beeinflußten seine Kompositionen auf das Nachhaltigste, so daß vieles wegen der großen technischen Schwierigkeit schwer spielbar ist. Neben seiner Tätigkeit als Klavierlehrer und Organist schrieb er Klavier- und Streicherwerke, Lieder und eine verschollene Symphonie „Symbulon“, welche die Hamburger Symphoniker nach 1945 aufführten.

Kaufmann teilte das Schicksal manches Hamburger Komponisten wie Rüter, Viktor Dannenberg, Alex Grimpe, deren Werke 1943 von alliierten Bomben verbrannt wurden, „Befreiung“ nannten manche das. Damals verbrannten zahlreiche Hamburger, viele Gebäude (auch Kirchen) und mit dem großen Mehrfamilienhaus im Hammer Weg „Oben Borgfelde“, wo er damals wohnte (zwischen Klaus-Groth- und Borgfelder Straße, Abb. links), auch Kaufmanns gesamte Habe, wie Photographien, Musiknoten und seine beiden Konzertflügel. Die „große“ Sonate Nr. 1 wurde gerettet, weil die Hamburger Musikbücherei, welche verschont blieb, und ein Schüler Kaufmanns je ein Exemplar besaßen. Übrigens wurde auch Kaufmanns erste Wohnung Gluckstraße 83, wo seine beiden Söhne geboren sind, vernichtet; keines der Häuser wurde wieder aufgebaut.

Danach wohnte Kaufmann im Laeiß-Haus, Trostbrücke 11.

Im Alter ging er nach Bogotá in Columbien und baute dort ein staatliches Conservatorium auf. Weil ihm aber das dortige Höhenklima (2400 m über dem Meeresspiegel) nicht bekam, kehrte Kaufmann bald nach Hamburg zurück. Er arbeitete dann als Organist auf dem Ohlsdorfer Friedhof, wobei er eines Tages, am 23. Juni 1972, mitten im Orgelspiel tot zusammenbrach. Sein Grab ist auf dem Friedhof Öjendorf bei Hamburg.

Die Aufnahme von Kaufmanns 1. Sonate (für Klavier) verdanken wir dem Hamburger Organisten Hartmut Kühne. Dieser, ein ehemaliger Schüler Kaufmanns, machte mich auf sie aufmerksam und bat, ich möge sie, da ich mit meiner Technik die allerschwersten Stücke wiedergeben kann, einspielen. Es wäre sonst jedenfalls kaum jemand in der Lage gewesen, die sehr schwer spielbare Sonate in jenem artistischen Tempo einzuspielen, wie Kaufmann sie vortragen konnte.

Gleich als ich anfing, die Sonate einzuspielen, war ich hell begeistert. Wegen der Länge und großen Anstrengung für den Pianisten nenne ich die Sonate die „Große“, denn es ist erstaunlich, welche technischen Schwierigkeiten Kaufmann verlangt.

Die Sonate verwendet die Sonaten-Hauptsatz-Form, ist aber an die Form der symphonische Dichtungen Liszts angepaßt. Kaufmann widmete sie seinem Freund, dem Hamburger Pianisten Paul Strecker. Die Sonate ist folgendermaßen aufgebaut:

1) Langsam und wuchtig — sehr bestimmt und schnell (Exposition und Hauptthema)

2) Ruhiger (Seitenthema)

3) Langsam — langsam und einfach — ziemlich schnell (Durchführung)

4) Sehr bestimmt und schnell — stürmisch bewegt —(Reprise mit Hauptthema)

5) Ruhiger — ruhiges Marschtempo — sehr schnell (Seitenthema in Reprise und Schluß)

Kaufmann war auch Komponist anderer, mir nicht immer bekannter Stücke. Außer der bereits erwähnten Symphonie „Symbulon“ schrieb er noch eine Sonate für Bratsche und Orchester, die noch erhalten ist, Sonaten für Klavier, Bratsche und Violine sowie Lieder.

Die weiteren auf der CD erhaltenen Werke:

Präludium Nr. 1, 2, 3 für Klavier, ebenfalls neu eingespielt.

Um nun nicht nur einen Torso bieten zu können, habe ich die drei beim NDR noch vorhandenen Aufnahmen seiner Werke mit Erlaubnis des NDR auf diese CD aufgenommen, deren Noten mir zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bekannt waren. Die zwischen 1960 und 1966 entstandenen Aufnahmen sind zwar etwas älter, aber ich habe sie durch Rauschfilter doch so weit verbessert, daß man sie wie normale heutige Aufnahmen anhören kann.

12) Theodor Kaufmann (189—-1972): Klaviersonate Nr. 1 (neue digitale Aufnahme), Praeludium Nr. 1—3 (neue digitale Aufnahme von Gerhard Helzel). Sonatine f. Violine u. Klavier g-moll (Erich Röhn, Violine; Alfred Westphal, Klavier), Sonate f. Bratsche u. Klavier (Erich Sichermann, Viola; Alfred Westphal, Klavier), Sonatina in G f. Klavier (Alfred Westphal, Klavier) (historische Aufnahmen). € 15,- + 2,00 Porto.

Dipl.-Ing. Gerhard Helzel, Timm-Kröger-Weg 15, D-22335 Hamburg, Tel. 040-505374